Die Endstufe

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Die Endstufe

Allgemeines

Vorab ein paar grundlegende Fragestellungen. Die Endstufe hat die Aufgabe die Signale des Vorverstärkers entgegen zu nehmen und verstärkt an die Lautsprecher wieder abzugeben. Dies klingt erst mal recht einfach.
Warum beeinflusst dann die Endstufe den Klang?
Weshalb kosten manche Endstufen ein kleines Vermögen, andere nur ein Butterbrot? Obwohl sich dieTypenschildangaben kaum unterscheiden!
Worin unterscheidet sich eine hochwertige Endstufe von einem Billigprodukt?
Lohnt es sich viel Geld für eine Endstufe auszugeben, wenn doch für relativ wenig Geld Geräte mit vergleichbaren Werten zu haben sind?

Ich hoffe mit folgenden Ausführungen die oben stehenden Fragen beantworten zu können.

Was vielleicht den Einen oder Anderen verwundern wird
Die standardmäßigen Angaben auf den Geräten wie Leistung oder Klirrfaktor sagen überhaupt nichts über die Qualität eines Gerätes aus! Was nicht heißen soll, dass Leistung und Klirrfaktor unwichtig sind, lediglich die Art der Darstellung hat annähernd keine Aussagekraft, da die Bedingungen wie Sie ermittelt wurden nicht angegeben sind, bzw. weil in dem Leistungsbereich wo sie ermittelt wurden sowieso nie ein Problem auftritt.  Die Qualität von HiFi – Komponenten lässt sich generell nicht an Kennzahlen und / oder Leistungswerten beurteilen.  (Zumindest nicht vom Kunden. Für die Entwickler, die neben den reinen Zahlenwerten auch die Umstände kennen, wie Diese zustande gekommen sind, sind das extrem wichtige Daten). Niemand käme auf die Idee den Klang eines Lautsprechers anhand der Angaben auf der Rückseite, statt über eine Hörprobe, zu bewerten. Bei Endstufen geht das genau so wenig.
Was ist bei einer Endstufe wichtig? Ich hab' mal die wichtigsten Dinge, die eine gute Endstufe ausmachen, in folgende Bereiche unterteilt:

- Leistung
- Anstiegsgeschwindigkeit
- Verzerrungen
- Laststabilität (Stromlieferfähigkeit)
- Dämpfungsfaktor

Leistung
Vorab: Alle folgenden Ausführungen über Leistungen von Verstärkern beziehen sich auf den Betrieb von Lautsprechern mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad. Exoten, wie beispielsweise Hornlautsprecher, die sicherlich weit weniger Verstärkerleistung erfordern oder Elektrostaten, deren Leistungsbedarf höher ist, werden von mir hier nicht betrachtet.

Die Verstärkerleistung spielt eine entscheidende Rolle wenn es darum geht Musik natürlich und mit Lifecharakter wiederzugeben. Damit meine ich nicht das Reproduzieren der hohen Lautstärken von Konzerten! Ein Piano im Wohnzimmer und Jemand der dazu singt, sind über eine Stereoanlage nur sehr schwer bis überhaupt nicht zu ersetzen. Die hohe Dynamik des Pianos und der menschlichen Stimme erfordern hohe Verstärkerleistungen, will man sie durch eine Stereoanlage natürlich wiedergeben. (Es erfordert viel mehr als das. Ich greife in diesem Artikel aber eben nur das Thema Verstärker auf). Dabei meine ich allerdings die Impulsleistung, nicht die Dauerausgangsleistung. Von letzterer genügen im Normalfall wenige Watt. Allerdings kann ein Verstärker, der gerade mit einer Durchschnittsleistung von beispielsweise fünf Watt betrieben wird, trotzdem völlig überlastet sein, da hier, abhängig von der Dynamik des Musikstückes, bereits Leistungsimpulse bis in den mittleren dreistelligen Wattbereich abgerufen werden können. Mit überlastet meine ich, dass (bei einfachen Geräten) in diesem Bereich die auf dem Typenschild noch so gut aussehenden Werte wie etwa der Klirrfaktor um Faktor tausend(!) ansteigen. Aus den angegebenen 0,01% werden in diesem Betriebszustand plötzlich 10%! (Erklärung weiter unten).

Wo früher bei den "guten alten" Stereoverstärkern die Ausgangsleistung noch relativ ehrlich angegeben wurde, steht auf den heutigen, vor allem bei den für den Heimkinobereich konzipierten Mehrkanalgeräten, nur noch wertlose Information. Das Problem liegt in der fehlenden Norm, wie Leistungen ermittelt und angeben werden müssen. Zwei gleichwertige Geräte können sich bei den im Prospekt beworbenen Daten schon mal um Faktor 10 - 50 unterscheiden! Vor allem bei Geräten im unteren Preissegment wird der Spielraum, in erster Linie bei der Angabe von Leistungen, großzügig ausgenutzt, da dieser Wert bei Kunden ohne größere Erfahrung stark in die Kaufentscheidung einfließt. Als Anhaltspunkt: Gute Verstärker mit einer (wirklichen!) Leistung von mehreren 100 Watt kosten schnell hohe vier- bis auch fünfstellige Beträge. Stehen hohe Leistungsangaben auf deutlich günstigeren Geräten so wurden hier die Freiräume bei der Angabe großzügig ausgenutzt. Im Massenmarkt sind diese Übertreibungen durchaus üblich und bei ca. 95% (kein auf Fakten basierender Wert sondern eine persönliche Einschätzung auf Grund von Erfahrungen) aller Geräte zu finden.

Grundsätzlich: Wie viel Leistung brauche ich?
Ein paar Eckdaten im Telegrammstil:
Musik in gehobener Zimmerlautstärke entspricht ca. 85db Schalldruck
Dafür benötigte (Durchschnitts-)Leistung: ca. 1 Watt
Eine Schalldruckverdoppelung entspricht einer Erhöhung um 6 db.
Dafür ist eine Leistungserhöhung um Faktor 4 notwendig.
Um die Lautstärke subjektiv zu verdoppeln ist ein Anheben des Schalldrucks um 10 db notwendig.
Hierfür benötigt man die zehnfache Verstärkerleistung.

Die nötige Leistung wird durch viele Faktoren bestimmt. Die Abhörlautstärke, die Bedämpfung des Raumes, den Wirkungsgrad der Boxen uvm. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Qualität der Signalquelle. Sprich wie viel Mühe machen sich die Toningenieure um die Reinheit der Musik zu erhalten bzw. wie sehr sind sie darum bemüht um eben diese zu zerstören.

Aufnahmen mit geringer Dynamik erreichen ca. 5 – 10 db zwischen Mittel- und Spitzenwert.
Gute Aufnahmen (meist Klassik oder Jazz) erreichen hier viel höhere Dynamiksprünge. (Mehr dazu unter
Klangtuning)

Anforderungen an den Verstärker
(Die rechnerisch ermittelten Werte der Tabelle sind trotz der exakten Angabe nur als grobe Richtwerte zu verstehen, um die Größenordnungen zu vermitteln!)
 

Lautstärke

Pegel (db)

Durchschnittliche Verstärkerleistung

Impulsleistung bei 10db Dynamik

Impulsleistung bei 20db Dynamik

Zimmer-

85

ca. 1 Watt

ca. 10 Watt

ca. 100 Watt

Laut

91

ca. 4 Watt

ca. 40 Watt

ca. 400 Watt

Sehr laut

97

ca. 16 Watt

ca. 160 Watt

ca. 1600 Watt

Die Bude wackelt

103

ca. 64 Watt

ca. 640 Watt

ca. 6400 Watt

Konzert-

109

ca. 256 Watt

ca. 2560 Watt

ca. 25600 Watt


Die letzten drei Zeilen sind für HiFi im Heimbereich eher theoretisch. Die ersten beiden durchaus üblich. Die Liste zeigt, dass bei schlechten Aufnahmen mit 10 db Dynamik (leider bei heutiger Pop- und Rockmusik der Normalfall) wenn nicht all zu laut gehört werden soll, ein leistungsschwacher Verstärker ausreicht. Andererseits solche Aufnahmen jeden verärgern der über eine gute Anlage verfügt, da sich die fehlende Dynamik sofort als Qualitätsmangel hörbar bemerkbar macht. Und ein Mangel in der Quelle, egal ob CD, DVD, Platte… auch durch die beste Anlage nicht zu kompensieren ist. Weiterhin verrät uns Zeile zwei, dass für gute Aufnahmen und Abhörlautstärken über Zimmerlautstärke bereits Verstärker mit einer Leistung von 400 Watt notwendig sind. Hier sollte sich Niemand durch die völlig nichtssagenden Angaben über Impulsleitung, auch gerne Musikleistung genannt, beeindrucken lassen. Es reicht nicht aus rein rechnerisch solche Werte erzielen zu können. Die Impulsspitzen müssen auch über einen ausreichend langen Zeitraum und unter Einhaltung eines erträglichen Klirrfaktors vom Verstärker zu Verfügung gestellt werden können. (Anmerkung: Es gibt natürlich keine langen Impulsspitzen. Der Verstärker muss aber dafür ausgelegt sein, damit die Kondensatoren nicht von einer Spitze geleert werden und in der Folge keine Reserven mehr haben).

Wieviel Leistung soll er jetzt haben? Wie wir gesehen haben sollte der Amp, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, Impulsspitzen bis sagen wir mal 400 Watt abdecken können, selbst wenn die Durchschnittsleistung dabei nur im einstelligen Bereich liegt. Da technisch kein Verstärker gebaut werden kann, der eine RMS / Sinus – Leistung von fünf Watt hat, dabei aber in der Lage ist (saubere) 400 Watt – Impulse zu liefern, muss eben auch bei der Dauerleistung entsprechend höher angesetzt werden (auch wenn Diese sicher nie abgerufen wird). Dies erklärt auch die hohen, und oft als sinnlos bezeichneten, RMS – Leistungen hochwertiger Endstufen, da Diese nämlich die Basis der benötigten Impulsleistung bilden.
Persönliche Einschätzung: Mit einem last- / stromstabilen Verstärker mit 100 Watt kann man sehr viel, mit einem entsprechenden 200 Watt - Verstärker fast alles erreichen. Ausnahme bilden hier wieder die Digitalendstufen, da bei Diesen, bauartbedingt, die Impulsleistung nur knapp über der Dauerausgangsleistung liegt. Will ich hier also meine 400 Watt Impulsleistung abrufen muss meine RMS – Leistung ähnlich hoch sein. Damit sind die hohen Leistungen vieler Digitalamps nicht überzogen, sondern wirklich notwendig. Als überzogen werden sie nur deshalb eingestuft, weil man damit wirklich „unanständige“ Dinge machen kann, auch wenn das sicher nicht im Sinne der Erfinder ist.
Obige Tabelle zeigt die rechnerisch ermittelten Werte. Erfahrungsgemäß sind auch bei mittleren Lautstärken potente Verstärker klanglich im Vorteil, da Schwache selbst bei Zimmerlautstärke überfordert sein können (Siehe oben).
Zu viel Leistung schadet dem LS nur in den seltensten Fällen, wenn der Verstärker wirklich weit überdimensioniert ist und / oder beim Einschalten der Lautstärkeregler versehentlich auf Rechtsanschlag steht. Schlechter Klang (bei hohen Lautstärken) oder gar zerstörte Chassis (meist der Hochtöner) sind im Regelfall ein Ergebnis zu geringer Leistung! Dies erklärt sich folgendermaßen: Am Lautstärkeregler stellen wir nicht die Leistung ein sondern die Verstärkung. Wir bestimmen also, wie viel mal höher ein Eingangssignal an den Ausgang weitergegeben wird. Welche Sprünge hier möglich sind zeigt oben stehende Tabelle. Durch die angeforderte Verstärkung kommt ein zu schwacher Verstärker schnell, sogar bei geringeren Lautstärken, an seine Grenzen. Er schneidet dann das Signal einfach ab (Clipping). Das resultierende Signal ist steil ansteigend, dann plötzlich flach und dann wieder steil abfallend. Die Form entspricht annähernd einem Rechteck. Diese Verformung kommt dem Hinzufügen hochfrequenter Anteile gleich. Daraus resultieren zumindest schrille Höhen. Man hat beim Hören irgendwie das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Der Klang wird hart und unangenehm. Auch bedeutet ein Betreiben des Amps in diesem Bereich, dass die Elektronik in die Sättigung gefahren wird. Die Halbleiterbauteile benötigen dann einige Zeit um wieder in ihren Arbeitsbereich einzupendeln, was außer der Verformung des aktuellen Signals auch Auswirkungen auf die Folgenden hat.

Weiterhin muss man wissen, dass die Leistungsangabe am Lautsprecher, sie beschreibt wie viel Leistung zugeführt werden darf ohne den LS zu beschädigen, nicht für alle Chassis gleich hoch ist. Lautet die Angabe auf beispielsweise 100 Watt, so erfüllt der LS die Norm, wenn der Hochtöner nur knapp 10% davon aushält. In diesem Beispiel also ca. 10 Watt. Durch das Abschneiden des Signals werden zusätzliche, hochfrequente Oberwellen erzeugt, die dem Hochtöner mehr Signalanteile und damit mehr Leistung, als es bei korrekter Musikwiedergabe der Fall ist, zuführen. Im ungünstigsten Fall wird Dieser zerstört. Zumindest klingt es nicht gut. Oft werden Verstärker als analytisch oder hell bezeichnet. Dies ist aber in den meisten Fällen durch starke Verzerrungen begründet und somit ein Mangel.  Normalerweise haben Verstärker hier eine Schutzschaltung, die im Bereich der Überlastung das Rechtecksignal verhindert indem die Spitzen „weich“ abgeschnitten werden (Softclipping). Dadurch wird der Verstärker selbst aber auch der Hochtöner geschützt. Jetzt geht zwar nichts mehr kaputt, hörbar ist das aber schon.
Fazit: Zu viel Leistung gibt es nicht, zu wenig schon!

 

Verzerrungen (genaueres hier)
Verzerrungen haben großen Einfluss auf den Klang. Sie sind genau genommen die einzige klangbeeinflussende  Größe. Wenn ich oben über die Wichtigkeit von Leistung gesprochen habe, dann vor Allem, weil fehlende Leistung ein exponentielles Ansteigen von Verzerrungen, weit über die in den technischen Daten zu lesenden Werte, zur Folge hat. Höre ich nur leise Musik, dann können viele Endstufen mit den um ein Vielfaches teureren Boliden mithalten. Möchte ich die Musik einer kleinen Jazz Combo so wiedergeben, dass bei mir im Wohnzimmer ein Hauch Lifeatmosphäre aufkommt, steigen bei einfachen Geräten die Verzerrungen so stark an, dass ich nach spätestens zwei Minuten wieder leiser mache. Ich habe dem Thema Verzerrungen inzwischen einen eigenen Artikel gewidmet.

Was sind Verzerrungen? Einfach ausgedrückt bedeuten Verzerrungen eine Änderung vom Ausgangssignal gegenüber dem Eingangssignal. Wir unterscheiden hier zwischen linearen und nicht linearen Verzerrungen. Für erstere gilt: Die Signallaufzeit durch die Elektronik ist nicht unendlich kurz. Das heißt, die Signale kommen zeitverzögert am Ausgang an. Dies Wäre noch kein Problem. Aber: Die Verstärkerelektronik behandelt hier, aufgrund von Nichtlinearitäten der elektronischen Komponenten, nicht alle Frequenzen gleich. Einige kommen schneller an, andere langsamer. Das Ergebnis sind Verzerrungen.

Infobox Verzerrungen:
harmonische, nicht lineare Verzerrungen = Klirrfaktor
Durch "Verbiegen" der Signale entstehen Oberwellen, also neue Frequnenzanteile.

lineare Verzerrungen:
- Die Amplitude des Ausgangssignals ist nicht für alle Frequenzen gleich hoch.
- Unterschiedliche Frequenzen durchlaufen den Verstärker in unterschiedlicher Zeit.
- Kombination aus obigen Punkten


Eine Sonderform der nicht linearen Verzerrungen, die so genannten Harmonischen, wird als Klirrfaktor bezeichnet. Dieser ist zwar immer angegeben, doch ist die Info für eine Beurteilung der Qualität nicht brauchbar. Hier gute Werte zu erzielen ist nicht schwierig. Deshalb kann man auch immer Werte im 0,0.. - Bereich lesen. Wichtig ist in welchem Leistungsbereich der Klirr ermittelt wird. Die Angabe bezieht sich meist auf ein Watt. Drehe ich etwas lauter, so wird es schon deutlich schwieriger einen Guten Wert für den Klirr zu erzielen. Jetzt können aber bei einer durchschnittlichen Leistung von wenigen Watt Impulsspitzen weit jenseits der 100 Watt auftreten. Hier kann der Klirr dann schon mal deutlich über 10 % liegen! (von wegen 0,00..). Eine gute Endstufe erreicht auch bei maximalen Impulsspitzen, Klirrwerte von unter 1%. Das reicht auch völlig. Alle Werte unter 1% sind sowieso nicht hörbar.
Was ist noch wichtig?

Laststabilität
Die Endstufe hat's mit dem Lautsprecher als Last nicht einfach. Der Widerstand ist frequenzabhängig und kann zwischen 2 (Manche Hersteller schaffen es sogar das Impedanzminimum unter ein Ohm zu drücken. Das sind aber, Gott sei dank, nur ganz wenige) und mehreren 10 Ohm liegen. Was hat es jetzt mit der Laststabilität auf sich? Gehen wir das einmal an einem kleinen Beispiel durch:
Wir haben einen Verstärker mit der Angabe 100 Watt an 8 Ohm. Bei dieser Leistung liegt ein bestimmtes Signal am Ausgang an, welches durch seine Form die Form der Auslenkung der LS – Chassis bestimmt und durch seine Amplitude (Höhe) die Weite der Auslenkung. Diese Vorgabe (Spannung) muss jetzt unabhängig von der Impedanz des LS konstant bleiben. Bei unseren 100 Watt und acht Ohm wären das ca. 28 Volt.  Dabei fließt ein Strom von 3,5 Ampere. Fällt die LS – Impedanz auf 4 Ohm fließt durch den jetzt halbierten Widerstand ein Strom von 7 Ampere wodurch sich die durch den Verstärker zu erbringende Leistung auf 200 Watt verdoppelt. Ein absolut laststabiler Verstärker verdoppelt also die Ausgangsleitung mit jeder Halbierung der Impedanz. Für unseren 100 Watt Amp bedeutet dies:
8 Ohm 100 Watt, 4 Ohm 200 Watt, 2 Ohm 400 Watt.
Beim letzten Wert würde ein Strom von 14 Ampere fließen.
Je geringer also der Widerstand umso mehr (sauberen = wenige Verzerrungen) Strom muss die Endstufe liefern. Vom LS verursachte Phasendrehungen erhöhen den Strombedarf weiter. Phasendrehung bedeutet, dass Strom und Spannung nicht gleichzeitig am Lastwiderstand anliegen. Der Verstärker muss also zu den wirkleistungsbestimmenden Strömen die wir oben berechnet haben auch Blindströme zu Verfügung stellen. Um solche Stromspitzen schnell und ausreichend hoch zu Verfügung stellen zu können werden Kondensatoren verwendet.

Geschwindigkeit:
Eine Endstufe muss schnell sein! Was heißt das? Um Musik unverzerrt wiedergeben zu können muss die Endstufe in der Lage sein, Signale am Ausgang genau so abzubilden wie sie am Eingang anliegen, nur eben verstärkt. Das heißt, dass die Elektronik in der Lage sein muss den schnellen Impulsen des Musiksignals zu folgen. Als Maß für diese Schnelligkeit wird die Steigzeit verwendet. Sie beschreibt die Zeit, die zum Erreichen eines bestimmten Spannungswertes benötigt wird und wird in µs angegeben. Den Bezug bildet normalerweise ein Recheckimpuls der von Null auf 60 Volt wechselt. Gute Werte für die Steigzeit bei Leistungsverstärkern sind 1-2 µs für den Wechsel von 10% auf 90% der Spannung. Dies gilt natürlich genau so für die Fallzeit. Aus der Steigzeit kann direkt die Bandbreite des Verstärkers abgeleitet werden (und umgekehrt).
Bandbreite ~ 1 / (3*Steigzeit).
Damit bildet der Pegelabfall über der Frequenz einen guten Anhaltspunkt für die Schnelligkeit. Somit ist die Angabe eines linearen Frequenzganges bis beispielsweise 100kHz durchaus als Qualitätskriterium zu sehen und keinesfalls sinnlos nur weil der Mensch nur bis max. 20 kHz wahrnehmen kann.
(Anmerkung: Hierin sehe ich auch den Hauptgrund warum im Massenmarkt mit völlig irrelevanten und unseriösen Daten geworben wird. Es wäre wahrscheinlich viel zu kompliziert die richtigen und auch aussagekräftigen Daten zu bewerben, da dies nur gleichzeitig mit langwierigen und zeitraubenden Erklärungen zum Erfolg führen würde. Zwei einfache Zahlenwerte wie „1000 Watt für 250 Euro“ sind einfach viel plakativer als beispielsweise dieser Text. Auch wenn die Aussagekraft ähnlich klein ist wie das Bewerben eines Autos mit „2,6 Bar Reifendruck für 28.000 Euro“. Leider ist der Blödsinn bei Geräten der Unterhaltungsindustrie bei weitem nicht so leicht zu erkennen wie in meinem erfundenen Beispiel mit dem Fahrzeug).
Die Digitalendstufe bildet hier die Ausnahme. Sie ist prinzipbedingt schneller als analoge Verstärker und die höchste, zu reproduzierende Frequenz kann nicht als Anhaltspunkt herangezogen werden, da meist ein steilflankiges Filter höhere Frequenzen kappt. (Hat aber dafür andere Probleme).
 

Infobox Bandbreite:
Die Bandbreite beschreibt den Punkt an dem die Ausgansspannung um Wurzel 2, also auf ca 71 % gegenüber ihrem Soll abgefallen ist.


Zur Veranschaulichung, eine kleine Skizze.
An den Eingang der Endstufe wird ein Rechtecksignal angelegt (Nie mit angeschlossenem LS sondern mit einer Dummylast). Dieses wird mit dem Signal am Ausgang verglichen. Im folgenden Bild ist ein Rechtecksignal dargestellt wie es am Eingang angelegt wird. Der gestrichelte Bereich wird im nächsten Bild vergrößert dargestellt und soll, prinzipiell, die Signalverzögerung darstellen. Diese ist rot dargestellt.



Erst beginnt die ansteigende Flanke verzögert. Dann ist eine Abflachung zu erkennen. Oben ist dann ein Überschwingen und ein Unterschwingen zu sehen, bis das Signal in den korrekten Verlauf einschwingt. Je näher die Kurve am Soll verläuft, um so schneller ist der Verstärker. 

Der Dämpfungsfaktor:
Im Idealfall folgt das Lautsprecherchassis dem Kurvenverlauf der Ausgangsspannung. Durch die Träge Masse ist dies jedoch nicht möglich. Das Chassis wird an den Umkehrpunkten überschwingen. Dies alleine führt schon zu Verzerrungen. Doch das Schwingen führt zu weiteren Effekten. In den ersten Physikstunden lernen wir, dass das Bewegen eines Magneten durch eine Spule Spannungen induziert. Dies passiert auch im Lautsprecher. Die erzeugten Spannungen liegen jetzt an den Klemmen des Verstärkers und beeinflussen dessen Ausgangsspannung. Dieses Verhalten kann man leicht testen. Schließt man einen LS mit entsprechendem Stecker an die Mikrofonbuchse an, werden durch die Schallwellen der Sprache die LS - Chassis bewegt. Die Bewegung durch die Schwingspule erzeugt Spannung. Der ganze LS arbeitet wie ein Mikrofon. Die Qualität ist zwar schlecht, da er dafür nicht konzipiert ist, jedoch belegt der Versuch oben stehenden Effekt.
Der Dämpfungsfaktor  ist ein Maß, nur anders ausgedrückt, für den Innenwiderstand des Verstärkers. Da Zahlen im 0,.. - Bereich schwer verständlich sind, hat man die einheitenlose Zahl des Dämpfungsfaktors eingeführt. Sie beschreibt das Verhältnis von Lastwiderstand zu Innenwiderstand. Die Angabe Dämpfungsfaktor 100 an 8 Ohm bedeutet also:
Last / Innen = 100.
=> Innen = Last / 100 = 0,08 Ohm.
Schließen wir jetzt einen 4 Ohm - LS an beträgt der Dämpfungsfaktor nur noch 50. Erlaubt der LS minimale Impedanzen bis zu 3,2 Ohm liegt der Dämpfungsfaktor nur noch bei 40. Je höher der Dämpfungsfaktor um so besser! Kommen wir auf die Funktion des LS als Generator zurück und führen folgendes Gedankenexperiment durch: Wir drehen den Anker eines Generators bei offenen Klemmen (Entspricht der Bewegung des LS-Magneten durch die Schwingspule). Hierzu brauchen wir fast keine Kraft. Schließen wir die Klemmen kurz, verkleinern also den Widerstand bis auf (fast, wegen der Leitungen) Null, können wir den Anker nicht mehr bewegen. Genau so verhält sich auch der Verstärker. Ein sehr geringer Innenwiederstand wirkt auf das LS-Chassis wie ein kurzgeschlossener Generator. Unkontrollierte Bewegungen der Lautsprecherchassis werden unterdrückt.
Allerdings bedeuten extrem hohe Dämpfungsfaktoren nicht unbedingt große Verbesserungen. Da in unserem Fall der Lautsprecher, genauer gesagt die einzelnen Chassis, die Last darstellen, muss zwangsläufig alles was davor liegt dem Innenwiderstand der Endstufe zugerechnet werden. Das ist zum Einen das Kabel zu den Lautsprechern und zum Anderen die Frequenzweiche im LS (in erster Linie die Spule vor den Basstreibern). Wenn ich für das LS - Kabel einen Wert von 0,1 Ohm annehme und für die Weiche (als guten Wert) 0,4 Ohm, so muss ich dem Innenwiderstand der Endstufe 0,5 Ohm hinzuaddieren. Welche Werte der Dämpfungsfaktor des Gesamtsystems, in Abhängigkeit der Einzelimpedanzen dabei annehmen kann, zeigt folgende Tabelle. In der ersten Spalte der Weichenwiderstand im LS (Spule vor Basstreiber), in der zweiten die Kabelimpedanz, der dritten der Dämpfungsfaktor der Endstufe an 8 Ohm und zuletzt der daraus resultierende Gesamtdämpfungsfaktor.


Die ersten vier Zeilen (hellblau) zeigen, dass ein sehr kleiner Dämpfungsfaktor wie ihn beispielsweise Röhrenendstufen haben (Größenordnung 2 – 20), zu einem sehr kleinen Gesamtdämpfungsfaktor führt. Weiterhin ist zu erkennen, dass aus dem Bereich von 100 bis 500 noch spürbare Veränderungen des Gesamtsystems resultieren, während eine Verdoppellung des Endstufendämpfungsfaktors von 500 auf 1000 kaum noch Auswirkung hat.
Der grüne Bereich zeigt das Verhalten des Systems in Abhängigkeit vom verwendeten LS – Kabel bei einem vernünftigen (persönliche Einschätzung) DF der Endstufe von 300.
Der anschließende Block die recht großen Auswirkungen die die LS – Weiche hervorrufen kann.
Und die rote Zeile das Ergebnis einer sehr ungünstigen Kombination von Röhrenendstufe und LS mit hohem Weichenwiderstand.
Leider hilft die Angabe, des prinzipiell wichtigen, Dämpfungsfaktors auf den meisten Geräten nicht weiter, da die Frequenz- und Lastabhängigkeit nicht mit dargestellt wird. Von (sehr) wenigen Firmen wird der schlechteste anzunehmende Wert abgedruckt, von der Mehrzahl der Optimale.

 

Verstärkerklang
Oft ist zu hören, dass Verstärker nicht klingen. Das stimmt auch. Aber nur wenn sie in allen oben genannten Disziplinen ausreichende Qualität zeigen. Denn das was wir als unterschiedlichen Klang empfinden ist nichts anderes, als eine unterschiedliche Ausprägung von Mängeln in den aufgeführten Punkten. Daher kann jeder Klangunterschiede bei Verstärkern bis ins mittlere Preissegment hören. Hochwertige Verstärker (Ausnahmen gibt’s immer) sind im Klang praktisch nicht mehr zu unterscheiden. Solche sind aber im dreistelligen Eurobereich nicht zu finden.

Warum Trennung von Vor- und Endstufe?
Bei den High-End-Geräten sind Vor und Endstufe oftmals in unterschiedlichen Gehäusen untergebracht. Das ist historisch bedingt und hat heute praktisch keine Bedeutung mehr. Grund hierfür war der Phonoeingang. Um den vor Signaleinstreuungen der Endstufentrafos zu schützen wurde die Endstufe in ein separates Gehäuse verbannt. Selbst bei den Geräten, die noch über Phonoeingänge verfügen kann eine Signalverfälschung sicher und deutlich billiger auch in einem Gehäuse vermieden werden. Als Vorteil wäre hier nur die Flexibilität zu nennen. Habe ich Vor- und Endstufe getrennt kann ich die Komponenten auch einzeln tauschen. Wenn die Industrie in fünf Jahren wieder völlig neue Geräte auf den Markt bringt, mit denen die Elektronik meiner Vorstufe nichts anfangen kann, tausche ich eben nur die Vorstufe. Ich muss nicht gleich alles wegschmeißen. Wenn ich wirklich sehr hochwertige Verstärker erwerben will muss ich trotzdem oft zu separaten Komponenten greifen. Nicht weil das klanglich notwendig ist, sondern weil viele der renommierten Hersteller ihre wirklich hochwertigen Geräte oft nur so anbieten.

Ein paar Tipps zum Schluss
Wie kann ich jetzt ohne Elektronikkenntisse die Qualität eines Verstärkers beurteilen. Dazu einige pragmatische Ansätze.
- Wenn der Verstärker nicht über 500 Euro kosten soll, so kann er farblich passend zur Einrichtung gekauft werden. Er wird bei keinem der oben genannten Punkte gut abschneiden. Was nicht heißen soll, dass das Gerät schlecht ist! Es kann trotzdem ein gutes Preis/Leistungsverhältnis aufweisen. Mit HiFi hat das aber wenig zu tun.
- Hören: Gut ist was gefällt (Ist eigentlich die einzig brauchbare Methode, da, wie oben beschrieben, die technischen Daten der Geräte bis zur völligen Sinnlosigkeit verdreht werden können)
. Fehlende Leistung ist relativ leicht zu erkennen. Wenn beim Hören mit hohen Lautstärken das Bedürfnis aufkommt wieder leiser zu drehen, ist der Verstärker ungeeignet. Wer hatte bei einem Konzert, wo die Lautstärken weit über dem liegen was wir zu Hause haben, schon einmal nach zwei Minuten gedacht, die sollten doch leiser machen? Das unangenehme Gefühl kommt also nicht von der Lautstärke, sondern (gute LS vorausgesetzt) von den Schwächen des Verstärkers.
- Ein guter Anhaltspunkt, ob die Endstufe laststabil ist, sind die Leistungsangaben bei acht und bei vier Ohm. Der vier Ohm Wert sollte optimalerweise doppelt so hoch sein wie der acht Ohm Wert. Wenn ein Amp das nicht kann ist er nicht automatisch schlecht! Zu weit sollten die beiden Werte aber nicht vom Ideal abweichen.
- Beim guten Fachhandel kaufen. Diesen zu finden ist leider gar nicht so einfach und ihn hier zu beschreiben unmöglich. Nur ein Tipp, basierend auf persönlichen Erfahrungen: Ein Geschäft, in dem HiFi – Anlagen mit „xxx Watt, yyy Euro“ beschildert werden, am besten sofort wieder verlassen (Erklärung weiter oben im Text). Die Beratung hatte, nach meinem Empfinden, dort immer den selben Wert wie das Schild. Damit ist der gute Händler noch nicht gefunden, allerdings fallen schon mal viele, bei denen ich sicher nichts kaufen würde, weg.

 

 

 

 

Werner Konrad

 

 

 

Artikel überarbeitet
am: 14.11.2006